Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Ich wählte ein Thema aus und begann als Doktorand zu arbeiten. Mein Doktorvater war gerade das Akademiemitglied Strumilin. Er hatte eine eigene Schule, schon viele hatten bei ihm studiert. Es war ein hochinteressanter Mensch.
  2. Also, ich wählte ein Thema aus und… In dieser Arbeit entwickelte ich unter anderem ein eigenes Preissystem, anders als das sowjetische System. Er war zunächst nicht damit einverstanden, er war der Meinung, dass so etwas nicht möglich sei.
  3. Und es gab einen Moment, ich bitte Ursula um Entschuldigung: Er kam von der Toilette… Ich war zu einer Besprechung bei ihm zu Hause. Er knöpfte seine Hose zu und sagte: „Vielleicht ist das doch eine gute Idee…“
  4. Ich schrieb die Dissertation und verteidigte sie. Übrigens, mir ist in Erinnerung geblieben, dass Strumilin keine Angst hatte, etwas zu sagen, was mit dem Sowjetsystem nicht übereinstimmte. Ich weiß es noch ganz genau, wie er sagte: „Unsere Alten“ – er meinte Marx und Engels – „sagten, dass man die Wertgesetze nicht brechen dürfe.
  5. Und bei uns bestimmt ein Beamter die Preise, das Staatliche Komitee für Preisbildung. Der Preis muss auf dem Markt gebildet werden, Angebot und (Nachfrage)…“ Ich sagte: „Stanislaw Gustawowitsch, haben Sie keine Angst, so etwas zu sagen?“ – „Ich sage nur, was Marx sagte.“
  6. Etwas vorgreifend muss ich sagen, dass Strumilin in einem Artikel in der Zeitschrift „Kommunist“ des Trotzkismus beschuldigt wurde. Das war 1937.
  7. Er schrieb einen Brief an Stalin… Ich erfuhr es von einem Freund von ihm. Er schrieb: „Ich weiß, dass mein Schicksal entschieden ist.
  8. Ich will aber Ihnen, Stalin, sagen: Sie werden alle Kader verlieren, wenn solche Dinge sich weiterhin abspielen werden.“
  9. Stalin ließ Poskrjobyschew kommen, der war die ganze Zeit sein Mitarbeiter. Stalin sagte: „In Russland gibt es nur einen Mensch, der rechnen kann. Das ist Strumilin. Lasst ihn in Ruhe.“