Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Und ich entschied: „Wenn ich begabt bin, muss ich ans Theaterinstitut gehen.“ Iwan Georgijewitsch äußerte sich nicht dazu, aber das war mein Traum. Ich machte die 10. Klasse extern und bestand die Prüfungen. Ich saß ein Jahr lang über den Lehrbüchern, um schneller ans Theaterinstitut zu kommen.
  2. Und weil man mich gleich ins Theater holen wollte, wurde ich „stolz“ und dachte, ich kann studieren. Iwan Georgiejewitsch probte mit mir und ich fuhr nach Minsk, wo mir dann gesagt wurde: „Sie sind für den Beruf nicht geeignet wegen der Neigung zur Körperfülle.“
  3. „Sie sind ein begabtes Mädchen, aber Sie neigen zur Körperfülle. Machen Sie Laienkunst.“ Ich weinte sechs Stunden lang, (da) in Minsk. Dann stieg ich in den Zug und wurde am Plechanow-Institut (in Moskau) aufgenommen. Ich beschloss, ein echter Ökonom zu werden, da meine schauspielerische Karriere gescheitert war.
  4. Aber ich hatte sehr wenig Geld und keiner unterstützte mich. Mein Mittagessen bestand aus zwei kleinen Piroggen zu fünf Kopeken und Limonade, nicht einmal gezuckert. Abends gab ich drei Rubel aus, alles was ich hatte. Ich musste ins Theater „Sowremennik“, ich sah alle Stücke da zehn Mal, genauso wie in den anderen Theatern. Ich war wahnsinnig theaterbegeistert.
  5. Eines Tages fiel ich in Moskau vor Hunger in Ohnmacht und verletzte mich. Das war im dritten Studienjahr und ich fiel sogar bei einer Prüfung durch, sodass ich sie nachholen musste. Ich hatte mit dem Theater übertrieben, ich wollte alles sehen. Ich musste mich aber sehr gut vorbereiten. Also, ich fiel vor Hunger in Ohnmacht, Anfang der 1960er-Jahre in Moskau war das. Daran war ich selbst schuld, ich zehrte mich aus.
  6. Morgens ging ich in die Vorlesungen, ich musste ja die Prüfungen bestehen. Und abends lief ich ins Theater, ohne zu essen. Ich war natürlich entkräftet. Jedenfalls änderte ich dann meine „Politik“ und ging weniger ins Theater und aß etwas.